Ikebana Schulen

In Japan gibt es heute mehr als 3000 Ikebana-Schulen. Im Ikebana International Vienna Chapter sind vier davon vertreten:

Ichiyo

一葉式いけ花

Die Ichiyo School of Ikebana wurde 1937 durch das Geschwisterpaar Ichiyo und Meikof/Meiko Kasuya gegründet. Nach Akihiro Kasuya (von 1983 bis 2019) wird die Schule von seinem Sohn Naohiro geleitet. Die Schule hatte neue Wege im Ikebana-Unterricht beschritten. Dazu gehören systematisch aufgebaute Textbücher und Dias, sowie ein leicht verständlicher Aufbau von Linie, Form, Farbe und Leere – alles in der Balance der Asymmetrie.

Ichiyo School-Arrangements zeigen Parallelen zu Rhythmus und Musik, besonders in der fließenden Form, aber auch in der kreuzenden Form, wobei letztere in der Ichiyo School eine lange Tradition hat.

Tatsächlich hat die Ichiyo School als erste die kreuzenden Linien im Ikebana eingeführt, als dies allgemein noch als disharmonisch angesehen wurde.

Ikenobo

池坊

Die Wurzeln des Ikebana liegen in den buddhistischen Blumenopfern. Diese Tradition gelangte im 7. Jh. von China nach Japan.

Mitte des 15. Jahrhunderts wird die Ikenobo-Schule erstmals urkundlich erwähnt und man verlieh ihr den kaiserlichen Titel ‚Stammhaus der Blumenlehre‘. Mit Hauptsitz in Kyoto ist sie nicht nur die älteste, sondern auch größte Ikebana-Schule Japans. Sie wird von Ikenobo Senei, dem 45. Nachfolger, und seiner Tochter, Yuki Ikenobo, geleitet. Gelehrt werden sowohl klassisch-traditionelle als auch freie Ikebana-Formen.

Die älteste Ikebana-Form, das Rikka, symbolisiert mit seinen neun Hauptlinien den Kosmos und wurde anfangs von Priestern zu Ehren Buddhas arrangiert. Im Laufe der Zeit löste sich Ikebana aus dem religiösen Zusammenhang und verbreitete sich in Kreisen des Adels und der Samurai.

Unter dem Einfluss des Zen-Buddhismus entwickelte sich ab dem 17.Jh. Shoka und Nageire als schlichtere Formen. Rikka und Shoka folgen strengen Gestaltungsregeln. Diese Regeln spiegeln die sorgfältige Beobachtung der Natur wider und beruhen auf denselben philosophischen Grundlagen, die auch in anderen japanischen Kunstformen spürbar sind. Reduktion und Abstraktion, Asymmetrie und Schlichtheit als Gestaltungselemente, zurückhaltende Farben und natürliche Form sind die Hauptmerkmale des klassischen Stils.

Misho-ryu

未生流

Mishosai Ippo, der Gründer der Misho-Schule in Osaka, lebte von 1761 bis 1824. Als Schwerpunkt der Ausdrucksformen gilt der von ihm erfundene, klassische Kakubana-Stil (Seika). Das Arrangement ist einem Kreis eingeschrieben und die Verbindung der vier äußeren Berührungspunkte des Arrangements ergeben ein Quadrat, das im Inneren die Erde darstellt und mit den vier Winkeln die Jahreszeiten und Himmelsrichtungen andeutet. Der alles umfassende Kreis und die sich ergebende, innere Vierecksform bilden die Einheit von Himmel und Erde. Durch die vertikale Mittelachse entstehen zwei Dreiecke, eines für Licht, eines für Schatten. In einem Dreieck werden drei Zweige angeordnet, die Himmel (TEN), Erde (CHI) und Mensch (JIN) symbolisieren. In dieser Grundform des Kakubana drückt sich die tiefe Ehrfurcht vor der Harmonie zwischen Natur und Mensch aus.

Neben Kakubana werden auch moderne Formen wie Nageire (in hohen Vasen) und Moribana (in flachen Schalen) arrangiert. Diese Formen unterliegen weniger strengen Regeln und ermöglichen dem Gestalter, seine Gefühle und Gedanken auszudrücken und die Farben und Eigenschaften des Materials zu betonen.

Sogetsu

草月流

Wenn man heute von modernem Ikebana spricht, meint man damit in erster Linie die Form des Ikebana, die von der Sogetsu-Schule in Tokio unterrichtet und durch sie weltweit bekannt wurde.

Die Sogetsu-Schule wurde von Sofu Teshigahara im Jahre 1927 in Tokio gegründet. Er erhielt schon in frühester Kindheit von seinem Vater, der selbst Ikebana-Lehrer war, Unterricht in der Kunst des Blumenarrangierens. Zunächst noch Bildhauer und Kalligraph wurde Sofu Teshigahara schon bald der bedeutendste Ikebana-Meister des zwanzigsten Jahrhunderts und erlangte als Künstler internationale Anerkennung. Er leitete die Schule bis zu seinem Tod im Jahre 1979.

Von 1979 bis 1980 war dessen Tochter, Kasumi Teshigaharas Iemoto (Direktor) der Schule.

Hiroshi Teshigahara, ihr ältester Bruder, wurde nach ihrem Tod der dritte Iemoto. Zu dieser Zeit machte er als Filmregisseur Karriere und war auch ein berühmter Keramiker und Kalligraph. Große Bambus-Installationen im Raum und in der freien Natur waren seine Spezialität.

Seit April 2001 ist Akane Teshigahara, die zweitälteste Tochter von Hiroshi, vierter Iemoto. Sie entwickelte als Erste auch Unterricht für Kinder.